Wiener Tafel Bilanz 2022: Bedarf stark gestiegen, 40 % mehr versorgte Personen
Energiekrise und Teuerung ließen die Nachfrage nach Versorgung mit Lebensmitteln 2022 sprunghaft ansteigen.
Die Wiener Tafel konnte im letzten Jahr mehr als 896 Tonnen einwandfreie Lebensmittel vor der Vernichtung retten und versorgte damit rund 28.000 armutsgefährdete Menschen in Sozialeinrichtungen. Zusätzlich unterstützte der Verein die Schwesterntafel in der Ukraine mit 70 Paletten an Warenspenden.
Nach zwei Jahren Pandemie brachte das Jahr 2022 neue Herausforderungen mit sich: Der Ukraine-Krieg und seine Folgen, Energiekrise und starke Inflation trafen gerade Menschen in ohnehin bereits prekärer finanzieller Situation besonders hart. Eine Entwicklung, die sich auch in der Jahresbilanz der Wiener Tafel, die genusstaugliche Lebensmittel vor der Entsorgung rettet und damit Sozialeinrichtungen in Österreich versorgt, deutlich bemerkbar macht.
Gesamtsumme seit Start der Wiener Tafel 1999: 8.326.596 Tonnen Lebensmittel gerettet
Insgesamt 896.533 kg an einwandfreien Lebensmitteln bewahrte der Verein für sozialen Transfer 2022 (Gesamtsumme seit Start der Wiener Tafel 1999: 8.326.596 Tonnen) vor der Mülltonne. Und konnte damit rund 28.000 Personen – ein deutliches Plus von 40 Prozent gegenüber 2021 – in 96 Sozialeinrichtungen (u. a. Mutter-Kind-Häuser, Obdachlosen- oder Flüchtlingsunterkünfte, Notquartiere oder Frauenhäuser) in und um Wien beliefern.
Alexandra Gruber, Geschäftsführerin der Wiener Tafel:
„Gerade Armutsgefährdeten setzt die massive Teuerung bei Heizkosten, aber auch bei Lebensmitteln und Hygieneprodukten besonders zu. Immer mehr Menschen in Österreich sind von Ernährungsunsicherheit betroffen. Fast jede zehnte Person in diesem Land kann sich nur jeden zweiten Tag eine Hauptmahlzeit leisten – während nach wie vor tagtäglich Tonnen an genussfähigen Lebensmitteln in den Müll wandern.“
Enormes Engagement machte Ukraine-Nothilfe möglich
Angesichts des Kriegsausbruchs in der Ukraine sah es die Wiener Tafel als ihre Verpflichtung an, rasch und unbürokratisch zu helfen. Zusätzlich zu den über 896 Tonnen, die im letzten Jahr an Sozialeinrichtungen verteilt wurden, konnten rund 70 Paletten an haltbaren Lebensmitteln und Hygieneartikeln sowie 70.000 Euro über einen Nothilfefonds gesammelt werden. Die Wiener Tafel unterstützte so einerseits ihre Schwesterntafel KCCF in der Ukraine und kooperierte andererseits in Österreich mit der Flüchtlingshilfe Train of Hope.
Dass dieser gemeinsame Kraftakt möglich war, liegt nicht zuletzt an den zahlreichen ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen des Vereins: 253 Freiwillige (2021: 221) investierten 2022 in Summe 15.801 Stunden für die Rettung und Verteilung von Lebensmitteln.
Copyright Wiener Tafel Thomas Topf: Alexandra Gruber GF der Wiener Tafel
Weniger Warenspenden aus dem Handel: neue Wege notwendig
Zwar konnte die Wiener Tafel die Gesamtmenge an geretteten und verteilten Lebensmitteln im letzten Jahr neuerlich erhöhen, doch die Steigerungsrate (von knapp 20 %) kann mit der deutlich gestiegenen Nachfrage kaum mithalten. Vor allem Warenspenden aus dem Handel nehmen deutlich ab – der Rückgang aus dem Retail-Bereich betrug im Jahresvergleich rund 45 Prozent. Die Wiener Tafel hat daher bereits begonnen, Warenspenden aus der Landwirtschaft zu akquirieren. Um das vorhandene Potenzial nutzen zu können und die Lebensmittelweitergabe zu vereinfachen, braucht es aber auch ein deutliches Commitment seitens der Politik.
Trotz aller Kommunikation: die Konsument*innen lernen langsam bis gar nicht:
„Fakt ist: Die Menge an genussfähigen Lebensmitteln, die weggeworfen werden, geht seit Jahren nicht nennenswert zurück. Fakt ist auch: Die Zahl an armutsbetroffenen Menschen in Österreich steigt. Zugleich wird es immer aufwändiger, Warenspenden zu bekommen, um Menschen in Not mit dringend benötigten Lebensmitteln zu versorgen. Wir brauchen dringend Unterstützung der öffentlichen Hand, um diesen Gap zu schließen und noch viel mehr Lebensmittel als bisher aus der Landwirtschaft zu retten“, so Gruber.
Wiener Tafel: Fokus auf Nachhaltigkeit seit 24 Jahren
Mit ihrer Mission für sozialen Transfer – Lebensmittelabfall so weit wie möglich zu reduzieren, Armut und Hunger zu lindern – handelte die Wiener Tafel schon lange vor der Formulierung der SDGs im Sinne der Nachhaltigkeit und leistet insbesondere einen Beitrag zur Erreichung der Ziele „Kein Hunger“ und „Nachhaltiger Konsum und Produktion“ in Österreich.
Die Verarbeitung großer Mengen an gerettetem Obst und Gemüse zu Marmelade, Sirup oder Sugo „mit Sinn“, die bereits zum 15. Mal erfolgreich durchgeführte Winterhilfsaktion „Suppe mit Sinn“ in der Gastronomie sowie bewusstseinsbildende Initiativen wie die 2022 lancierte MHD-Kampagne „Ist das noch gut?“ oder das Sensorik Labor der Wiener Tafel für Kinder und Jugendliche zahlen ebenfalls auf ökologische und soziale Nachhaltigkeit ein
Wiener Tafel 2022 – auf einen Blick
- 896.533 kg gerettete Lebensmittel (+20 % gegenüber dem Vorjahr)
- 233 Warenspender:innen
- 96 belieferte Sozialeinrichtungen
- 28.000 versorgte Personen (+40 % gegenüber dem Vorjahr)
- 15.801 Stunden von 253 Ehrenamtlichen
- 930 Liefertouren
Die SDG´s als Benchmark
„Die Erreichung der UN-Nachhaltigkeitsziele ist für uns alle essenziell und muss auch als gesamtgesellschaftliche Priorität betrachtet werden – schließlich geht es um unsere Zukunft. Seit 24 Jahren leistet die Wiener Tafel bestmöglich ihren Beitrag dazu und wird dies weiterhin tun: Auch 2023 sind Neuerungen geplant, um noch mehr Lebensmittel retten und verteilen zu können, für das Thema zu sensibilisieren und die rechtlichen Rahmenbedingungen für sozialen Transfer zu verbessern“, kündigt Wiener Tafel-Geschäftsführerin Alexandra Gruber an.
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